1979: Vereinschronik zum 100-jährigen Jubiläum
Vereinschronik aus der Festschrift zum 100-jährigen Bestehen der Sängervereinigung Gleiberg im Jahre 1979 (zusammengestellt von Willi Bender)
100 Jahre Gleiberger Sängerleben (1979)
1. Die Anfänge
Im Jahre 1879 wurde der erste Gleiberger Gesangverein „Hermanus“ als ältester Vorläufer der heutigen „Sängervereinigung Gleiberg“ gegründet.
Nach dem Vorbild des damals bereits seit 37 Jahren bestehenden Gesangvereins „Germania“ im Ortsteil Krofdorf, planten auch in Gleiberg etliche Männer die Gründung eines ähnlichen Vereins, trafen sich im historischen Gasthaus „Zum Schwarzen Walfisch“ und hoben bei einem kräftigen Schluck Bier und Wein den „Hermanus“ aus der Taufe.
In dieser oder ähnlicher Weise mag die Gründung verlaufen sein. Ein Protokoll dieser ersten konstituierenden Sitzung ist nicht mehr vorhanden oder wurde nicht angefertigt. Die mündliche Überlieferung weiß ebenfalls keine näheren Einzelheiten zu berichten.
Die ersten Aufzeichnungen datieren aus dem Jahre 1882. Sie stehen auf den Seiten 3 und 4 des ältesten Protokollbuches und sollen an dieser Stelle im Original abgedruckt werden.
2. Stiftung einer Vereinsfahne im Jahre 1880
Aus der Frühzeit des „Hermanus“ ist die vermutlich im Jahre 1880 gestiftete Vereinsfahne der einzig sichtbare und noch heute erhaltene Beweis für die Existenz des ersten Gleiberger Gesangvereins. Sie trägt die Inschrift:
„Sind wir von der Arbeit müde, haben wir noch Lust zum Liede.“
Dieser Sängerspruch blieb in Gleiberg keine leere Phrase. Mögen in den 100 Jahren Gleiberger Sängerlebens auch die persönlichen Ansichten oft verschieden oder gar gegeneinander gewesen sein, mögen auch die Vereinsformen gewechselt haben – jedenfalls steht fest, dass die „Lust zum Liede“ jederzeit bis zum heutigen Tage vorhanden war. Wie man sich um die Fahne sammelte und ihrem Träger bei so vielen Gelegenheiten nachfolgte, so beherzigte man nicht minder die ein ideelles Bekenntnis darstellende Inschrift: „Sind wir von der Arbeit müde, haben wir noch Lust zum Liede !“ Und wenn auch vor dem 75-jährigen Jubiläum im Jahre 1954 die Fahne im Überdruck den Zusatz erhielt: „Heiterkeit 1921 – Sängervereinigung 1947“, so wurde damit sinnvoll besiegelt, dass auch diese jüngsten Vereinszusammenschlüsse sich rückhaltlos zu dem ein Jahrhundert alten Leitmotiv der ersten Vereinsgründer bekannten.
Wie die Burg Gleiberg in Stein geschriebene Geschichte darstellt, so verkörpert die Fahne die Geschichte des Gleiberger Sängerwesens. Ganz ausgezeichnet hat sie der Zeiten Lauf überstanden, und der Maler Mamberger aus Gießen, der damals maßgeblich bei den umfangreichen Erneuerungsarbeiten auf der Burg mitwirkte und im Jahre 1880 den Fahnenstoff bemalte, war ein Könner. Groß und wuchtig prangt das Bild des Gleibergs auf der einen Seite mit der Beschriftung: „Gesangverein Hermanus Gleiberg, 1880“. Die andere Seite schmückt, inmitten eines weitausladenden Eichenkranzes eine von Rosengeranke und von einem blauweißen Bande vielfältig umschlungene Lyra. Eine vollerblühte rote Rose symbolisiert wohl das eben aufgeblühte Sangesleben, während die vielen Knospen die verheißungsvolle Weiterentwicklung andeuten. Und dazu der bereits erwähnte Sängerspruch.
Die also sinnvoll angefertigte Fahne stellt ein wertvolles Erinnerungsstück dar, und wir können nicht umhin, mit Respekt und Bewunderung den Vereinsgründern unsere Reverenz zu erweisen. Unwillkürlich taucht bei dieser Betrachtung die Frage auf: Weshalb erhielt der Verein den Namen „Hermanus“ ? Hat man mit viel Bedacht das Aussehen der Fahne entworfen, so dürfte schon zuvor die Wahl des Vereinsnamens nach wohlüberlegten Gründen erfolgt sein. Unsere Deutung geht dahin, dass man, der Zeitmode folgend, eine vaterländisch unterstrichene Bezeichnung wählte, dass also „Hermanus“ auf der gleichen Linie wie „Germania“ und „Teutonia“ liegen könnte, was demnach in unserem Falle auf Hermann „den Befreier Germaniens“ zurückgreifen würde (Schlacht im Teutoburger Wald gegen die Römer im Jahre 9 n.Chr.).
3. Das Sängerfest von 1886
Man könnte fast meinen , dass die Gründung des „Hermanus“ missglückt sei, denn zwischen 1882 und 1888 liegen keine Vereinsprotokolle vor. Glücklicherweise wurde in drei Ausgaben des „Gießener Anzeigers“ aus dem Jahre 1886 folgendes große Inserat veröffentlicht:
„Gesangverein Hermanus Gleiberg feiert Sonntag, den 4. u. Montag, den 5. Juli, sein Stiftungsfest auf der Burg Gleiberg.
Zu recht zahlreichem Besuch ladet ergebenst ein: Das Comitee.
Die Mitglieder des „Geselligkeitsvereins Gleiberg“ haben freien Eintritt und werden gebeten, ihre Mitgliedskarte an der Kasse vorzuzeigen.
Bezugnehmend auf vorstehende Anzeige halte ich mich als Festwirt dem geehrten Publikum bestens empfohlen. Für gute Speisen und Getränke ist gesorgt.
Der Burgwirt Niebergall.“
Die Veröffentlichung der Einladung im „Gießener Anzeiger“ unterstreicht das Ausmaß des Festes und dürfte vorwiegend an die Bevölkerung Gießens gerichtet gewesen sein, die damals in einem engen Kontakt mit Gleiberg stand; auch wird ein gutes Einvernehmen mit dem Gleibergverein ersichtlich. Noch klarer erkennen wir die allgemeine Bedeutung der Veranstaltung, wenn wir Professor Buchners Bericht darüber lesen, jenes Gleibergfreundes, dem zu Ehren das „Buchnerstübchen“ im Halbturm der Oberburg seinen Namen trägt:
„…Eine große Menge von Volk im besten Sinne des Wortes füllte am Sonntag von 3 Uhr nachmittags an den weiten Hof der Burg und die gastliche Räume derselben. Mehr noch wuchs die Menge, nachdem der stattliche Festzug der 17 Vereine zur Pflege des Volksgesanges seinen Einzug gehalten hatte. Die prächtigen, höchst kostbaren Fahnen wurden zusammengestellt und dann das Fest von der reich geschmückten Sängerbühne durch eine ebenso wohldurchdachte als vortrefflich vorgetragene Rede des Lehrers Herrn W. Lochau von Gleiberg eröffnet. Hinweisend auf die geschichtliche Bedeutung der Stätte, dankte er dem Vorstand des Gleibergvereins für dessen freundliches Entgegenkommen. Von den alten Zeiten ausgehend, wo der Sänger von Burg zu Burg zog, folgte der Redner der Entwicklung des Gesanges bis zur Jetztzeit. Gerade in unserer Zeit, in welcher die einseitige Kultur des Verstandes und die materiellen Interessen den Sinn für das Schöne und Ideale zu ersticken drohen, so dass alles Sinnen und Trachten, Haschen und Jagen darauf ausgeht, jenes Metall zu erobern, das man einst in der Gestalt des goldenen Kalbes umtanzte – gerade in unserer Zeit tut es not, das Banner der Kunst hochzuhalten und durch das Ideale und Humane für das Ideale und Humane zu wirken.“
Dass eine so hochgestellte und berühmte Persönlichkeit wie Professor Buchner diesen Bericht verfasste, dürfte auf die außerordentliche Bedeutung dieses Festes für den „Hermanus“, aber auch für Krofdorf-Gleiberg und Umgebung hinweisen.
4. Die Zeit bis zum 25-jährigen Vereinsjubiläum im Jahre 1904
In dem Vereinsprotokoll vom 07.10.1888 tauchen die ersten Namen auf, und zwar die der Vorstandsmitglieder.
Erster Sprecher: Wilhelm Laucht
Zweiter Sprecher: Karl Göbler
Schriftwart: Ludwig Schubecker
Rechner: Karl Würtz
Beisitzer: Friedrich Laucht und Philipp Schaum
Die Eintragungen der folgenden Jahre kann man nicht im eigentlichen Sinne als Protokolle ansehen. Aus den Generalversammlungen wurden fast nur die Vorstandsnamen aufgeschrieben, die man später durch die Fahnenträger und ihre beiden Begleiter – als erster werden Wilhelm Schütz, Otto Krombach und Ludwig Bender genannt – ergänzt. Die Namen der Vorstandsmitglieder wechseln sehr oft. Auch hier geben wir das Original einer Protokollbuchseite wieder. Seit 1890 tritt ein Vereinsdiener in Funktion. Mit Datum vom 22.09.1892 ist als Beschluss festgelegt:
1. Bei sämtlichen Abstimmungen von Geldangelegenheiten hat ein jedes Mitglied die Kosten zu tragen; 2. Die Trauerzeit wird auf 6 Wochen festgesetzt.
In der Generalversammlung vom 07.10.1901 wurden die Beisitzer in Revisoren umbenannt. Unterm 05.10.1902 ist als Beschluss festgelegt:
1. Bei Beerdigungen werden diejenigen Mitglieder, welche nicht erscheinen, mit 1 Mark Strafe belegt; 2. Es wird beschlossen, den verstorbenen Frauen von Mitgliedern einen Kranz zu spenden; 3. Lehrer Lochau und seine Familie erhalten bei jeder Festlichkeit freien Eintritt.
In weiteren Beschlüssen ist vermerkt:
Wenn ein Mitglied mit einer Krankheit über einen Monat hinaus behaftet ist, wird ihm der Monatsbeitrag geschenkt. Auch wird – außer in besonderen Ausnahmefällen – beschlossen, keiner Festlichkeit beizuwohnen, bei der Eintritt erhoben wird.
Am 19. und 20. Juni 1904 beging „Hermanus“ sein 25-jähriges Vereinsjubiläum unter folgender Vorstandszusammensetzung:
1. Sprecher: Wilhelm Winter
Schriftführer: Karl Leib II.
2. Sprecher: Wilhelm Göbler
Rechner: Karl Leib I.
Revisoren: Wilhelm Drescher und Karl Hofmann
Fahnenträger: Ernst Drescher
Begleiter: Wilhelm Schubecker II. und August Tavernaro
An dieses Fest erinnert das unter „Bilder“ abgebildete Vereinsfoto mit den Ehren – Jungfrauen in der Mitte. Ehrenurkunden für 25-jährige Mitgliedschaft erhielten unter Ernennung zu Ehrenmitgliedern die Vereinsmitbegründer
Ludwig Schubecker
Karl Göbler
Philipp Schaum
Christian Bender
Lehrer Lochau hielt die Festrede; er wurde am 20.07.1904 zum Ehrenmitglied ernannt.
5. Das Vereinsleben bis zum 2. Weltkrieg
Einen Grund zu gemütlichen Vereinsfeiern mit Konzert und Tanz boten in den folgenden Jahren die Ernennungen zu Ehrenmitgliedern solcher Sänger, die bereits in den ersten Jahren nach der Gründung aktiv mitwirkten und auf 25 Jahre zurückblickten:
1906: Karl Bender
1907: Karl Lautz
1909: Wilhelm Göbler und Wilhelm Schubecker (Krofdorf)
In diesen Jahren war die Finanzlage des Vereins so erfreulich, dass nicht nur den Ehrenmitgliedern die Beiträge erlassen wurden, sondern 1908 auch 100,- DM auf die Krofdorfer Kasse verzinslich angelegt werden konnten.
Während des Ersten Weltkrieges ruhte das Sangesleben. Aus dem Kriege kehrten nicht zurück: Karl Lautz(+ 09.11.1915) und der Dirigent Otto Drescher (+ 18.05.1915).
Gelegentlich der ersten Vereinsfeierlichkeit nach dem Kriege am 25.01.1919 holte man die Ernennung zu Ehrenmitgliedern nach für: Karl Hofmann, Ludwig Göbler, Karl Laucht (Krofdorf), Ludwig Müller, Philipp Leib und Karl Leib.
Wie im öffentlichen Leben, so machten sich auch im „Hermanus“ in der Folgezeit krisenhafte Zustände bemerkbar. Das Ende des Vereins schien gekommen; seine Auflösung wurde heftig diskutiert. Doch gelang es den Bemühungen einiger Mitglieder, die Meinungsverschiedenheiten ziemlich auszugleichen. 1921 besuchte man ein Sängerfest in Mudersbach. Mittlerweile hatte sich außer dem nur etwa 2 Jahrzehnte bestehenden „Männer-Gesangverein Gleiberg“ auch der Arbeitergesangverein „Heiterkeit“ gegründet.
Die „Freie Turnerschaft Gleiberg“ regte Anfang 1922 den Zusammenschluss des „Hermanus“ und des Arbeitergesangvereins an, was aber nicht gelang. Bei der Weihnachtsfeier desselben Jahres ließen erstmalig ein Gemischter Chor und ein Doppelquartett ihre Lieder erklingen. 1922 beteiligte sich der Verein an dem verregneten Sängerfest in Krofdorf. Die Begleiterscheinungen der Inflation beeinträchtigten sehr das Sangesleben. Es machten sich fortlaufend Erhöhungen der Mitgliedsbeiträge und der Vergütung für den Dirigenten notwendig; das Singlokal konnte nur noch durch abwechselnde „Brandopfer“ der Mitglieder geheizt werden; zeitweise fielen sogar die Übungsstunden aus.
Doch auch diese betrübliche Zeit ging vorüber. Stabilisiert mit der Rentenmark – der Dirigent erhielt 1,- RM pro Abend – starteten als erste Unternehmen 1924 der Besuch einer Veranstaltung des Gesangvereins „Eintracht“ Bieber und ein Himmelfahrtsausflug über Forsthaus Waldhaus – Schmelz – Salzböden – Odenhausen nach Wißmar. Erfreulicherweise sangen beide Gesangvereine im gleichen Jahr drei gemeinsame Lieder beim Schauturnen und marschierten auch einträchtig mit der „Freien Turnerschaft“ zum Bezirksturnfest am 5. und 6. Juli nach Krofdorf, und schließlich befeierten alle drei Vereine gemeinsam das Weihnachtsfest.
Nachdem das Vereinsleben in den Jahren 1922 – 1926 im ruhigen Fahrwasser dahingeplätschert war, machten sich ab 1927 immer wieder Strömungen bemerkbar, beide Gesangsvereine zur Verschmelzung zu bringen. Dieses vernünftige und begrüßenswerte Vorhaben gelang jedoch nicht. Es herrschten Verdrießlichkeit und Unlust, und damit fehlte einem frohen Singen der Resonanzboden. Und dabei stand doch das 50-jährige Vereinsjubiläum vor der Tür. Wir verstehen den Stoßseufzer des damaligen Schriftwartes Ferdinand Reeh am Schluss des Jahresberichtes 1928, dass der Verein doch in eine bessere Zukunft blicken möge und jeder wieder Freude am Singen hätte.
Nun, der Gedanke an das Jubiläumsjahr 1929 rief die Mitglieder auf den Plan. Vorstand und Festausschuss trafen alle Vorbereitungen, so dass das Fest vom 27. bis 29. Juli seinen Verlauf nehmen konnte. Brachte der Kommersabend schon beträchtlichen Verkehr, so erst recht der Hauptfesttag. An dem Umzug und dem Singen beteiligten sich 16 auswärtige Vereine. Der 1. Vorsitzende Karl Bender jun. begrüßte die Festversammlung und Schriftführer Ferdinand Reeh gab einen Rückblick auf die verflossenen fünf Jahrzehnte. Von den Ehrenjungfrauen sprach Ida Valentin einen Prolog und Erika Lochau überreichte eine Fahnenschleife; eine weitere hatte die Gemeinde gestiftet.
Als Vereinsveteranen erhielten Diplome: Philipp Schaum, Karl Göbler, Karl Bender und Karl Leib; der Vorsitzende Karl Bender jun. wurde zum Ehrenmitglied ernannt. Verliefen die beiden ersten Tage bei schönsten Wetter, so regnete es am Schlußtag derart, dass der Festplatz in Göblers Garten nicht zu betreten war und der Ausklang im Saale stattfand.
Die folgenden Jahre standen im Zeichen schlechter wirtschaftlicher Verhältnisse, wodurch Rückwirkungen auf das Vereinsleben nicht ausblieben. Ein neuerlicher Versuch zum Zusammenschluss beider Vereine schlug wiederum fehl.
Der politische Umsturz des Jahres 1933 stieß mit seinen Prinzipien auch in die Vereine. „Hermanus“ blieb mit teilweiser Umbesetzung seines Vorstandes bestehen und wurde im Sängergau Solms – Wetzlar dem Deutschen Sängerbund unterstellt. Solange das „Dritte Reich“ noch in Friedensjahre fiel, blieb die Gesangspflege erhalten. Einen Maßstab für seinen Stand bildeten die Wertungssingen. Mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges kam alles zum Erliegen.
Des Gesangvereins „Hermanus“ letzter Eintrag im Protokollbuch mit der Überschrift: „Unsere Sänger im Felde“, ist aus dem Jahre 1941 und endet wörtlich:
„… wollen wir nun weiter hoffen und wünschen, dass dieser Krieg bald ein Ende nehme, und wir in altgewohnter Weise unsere Zusammenkünfte zur Pflege deutschen Liedgutes unter bewährter Leitung wieder aufnehmen können“.
Leider ging dieser Wunsch für ein baldiges Ende des Krieges nicht in Erfüllung.
Wir, die noch Lebenden, bewahren die schmerzliche Erinnerung an jene unglücklichen Jahre 1939 – 1945 , an das noch unglücklichere Ende und damit verbundene Folgen, die zum Teil noch heute spürbar sind.
Aus dem Kriege kehrten nicht zurück die Mitglieder:
Arthur Bremer Richard Leib
Karl Göbler Helmut Reeh
Willi Janz Albert Seel
Albert Laucht Theodor Schwalb
Otto Lautz Walter Tavernaro
Albert Leib
und außer ihnen
Gustav Abel Ferdinand Leib
Wilhelm Abel Walter Niebergall
Willi Bremer Ernst Seel
Willi Burk Otto Schäfer
Paul Feuser Erich Steiß
Helmut Geller Gustav Valentin
Albert Heyer Willi Wacker
Alwin Laucht Karl Weil
Weitere Worte über die Kriegsjahre brauchen wir nicht verlieren.
Bevor wir auf die Entwicklung der am 1. März 1947 gegründeten „Sängervereinigung Gleiberg“ und die letzten drei Jahrzehnte Gleiberger Sängerlebens eingehen, wollen wir noch einmal zurückblicken und kurz auf die Geschichte der beiden anderen, bereits kurz erwähnten, Gleiberger Gesangvereine eingehen.
6. Der „Männergesangverein Gleiberg“
In der Zeit zwischen 1879 bis 1900 hatte Gleiberg rund 400 Einwohner. Bei dieser niedrigen Bevölkerungszahl erscheint es höchst merkwürdig, dass im Ort jahrelang zwei Gesangvereine nebeneinander existieren konnten. Mag im Hinblick hierauf ein lobenswerter gesanglicher Eifer als Positivum zu buchen sein, so liegt andererseits die starke Vermutung nahe, dass aus irgendwelchen Meinungsverschiedenheiten heraus eine Absplitterung vom Gesangverein „Hermanus“ vor sich gegangen ist. Es bestanden offensichtlich Spannungen zwischen alten und jungen Mitgliedern. Wahrscheinlich fehlte es an Persönlichkeiten, die einen Ausgleich hätten herbeiführen können. Über jene Vorgänge existiert ebenso wenig ein Aktenstück wie über die Tätigkeit des „Männergesangvereins Gleiberg“ überhaupt, der irgendwie und –wann auf die Beine kam. Dieser Verein mag Ausgang der achtziger Jahre aus der Taufe gehoben worden sein. Ob und inwieweit der den Taktstock führende Lehrer Wilhelm Lochau dabei mithalf, bleibt ungeklärt. Jedenfalls nahm sich Lochau, der 1885 nach Gleiberg gekommen war, des Vereins an, ein Umstand, der vielleicht für die Lebensfähigkeit als ausschlaggebend anzusehen ist. Durchweg traten die älteren Sänger dem neuen Verein, der sich daher „Männergesangverein“ nannte, bei, während im „Hermanus“ vorwiegend die Jugend verblieb. Das zahlenmäßige Stärkeverhältnis glich sich aus, und so standen insgesamt etwa 70 Gleiberger Aktive im Dienste des Singens. Sie huldigten damit, obgleich auf getrenntem Wege, dem gemeinsamen Ideal. Allzu ernst scheinen die Differenzen nicht gewesen zu sein, übten doch beide Rivalen im Gasthaus „Zum schwarzen Walfisch“, die einen in der großen und die anderen in der kleineren Stube des Obergeschosses; nur vorübergehend sang der Männergesangverein bei Gastwirt Feußer. Übrigens sei erwähnt, dass ein Punkt des Zwiespaltes die alljährliche Familienfeier gebildet habe; die Alten wünschten diese auf Weihnachten, die Jungen aber im Herbst, und zwar in der Form des sog. Rekrutenballes als gleichzeitige Verabschiedung für die zum Militärdienst einrückenden Kameraden. Das einzige erhaltene Dokument aus des Männergesangvereins Ära ist das Vereinsfoto aus dem Jahre 1891. Den Anlass zum Fotografieren gab Ludwig Laucht, der auf dem Männergesangvereinsbild ehrenhalber neben dem Dirigenten Lochau thront (Adam Pfeiffer auf der anderen Seite dürfte der Vorsitzende sein) und offenbar nicht „einseitig“ von seinem Gleiberg scheiden wollte, er hatte den Wunsch, drüben in Amerika, wohin ihn in den nächsten Wochen seine Auswanderung führte, seine Gleiberger Sänger zum Andenken an die Heimat vor sich zu sehen.
Zu einer Fahne hat es der „Männergesangverein“ nicht gebracht, möglicherweise hat er auch gar keine gewollt. Einige Gleiberger meinen, mehr als das Singen habe die Pflege der Geselligkeit im Vordergrund gestanden. Längst als man offiziell nicht mehr sang, bestand der Verein noch in aufgelockerter gesellschaftlicher Form fort. Er war eine mehr episodenhafte Erscheinung im Gleiberger Sängerleben. Wir erinnern uns gerne seiner und zollen ihm die gebührende Anerkennung, wie wir auch nicht unerwähnt lassen wollen, dass etwa 1905 bis 1907 eine Gleiberger Sängergruppe auf der Burg als Doppelquartett und kleiner gemischter Chor das Singen pflegte.
7. Der Arbeiter – Gesangverein „Heiterkeit Gleiberg“
Im Zuge der um die Jahrhundertwende herrschenden politischen Entwicklungstendenzen und nach dem Vorbild des 1902 gegründeten Arbeiter – Gesangvereins „Eintracht Krofdorf“ kam es 1921 zur Konstitution des Arbeiter – Gesangvereins „Heiterkeit Gleiberg“.
Der neugegründete Verein, der vorwiegend aus jungen Sängern bestand, wählte die Gastwirtschaft „Zur Linde“ zum Vereinslokal. Er fand in Ludwig Dick, Krofdorf, einen tüchtigen Dirigenten, unter dessen Stabführung bei den jährlichen Wertungssingen recht gute Erfolge zu verbuchen waren. Ein Vereinsfoto im Garten Feußer erinnert an die Gründungszeit. Das Vereinsbanner mit der Lyra und dem handgestickten Spruch: „Lasst tönen laut mit hellem Klang der Arbeit stolze Lieder; die Welt sei unser Vaterland und alle Menschen Brüder“, richtete die verstorbene gehbehinderte Lina Valentin, die regen Anteil am Sängergeschehen nahm.
Da Ludwig Dick auch den Arbeitergesangverein „Eintracht Krofdorf“ dirigierte, veranstalteten beide Vereine 1924 ein Chor- und Orchesterkonzert im Freund´schen Saale. Die beiden Vereine sangen getrennt und zusammen und im gemischten Chor, so dass ein abwechslungsvolles Programm geboten wurde, welches großen Anklang fand. Leider blieb es bei diesem hoffnungsvollen Anfang gemeinschaftlicher Arbeit. Schon im August 1926 standen die Sänger am Grabe ihres im besten Mannesalter nach Operation und heimtückischen Krankheit verstorbenen Dirigenten. Nunmehr übernahm Ernst Drescher, Gleiberg, den Chor und leitete ihn in den nachfolgenden Jahren in dauerndem Aufwärtsstreben. Neben der Beteiligung an den Wertungssingen im Stadttheater Gießen und den Festlichkeiten der Orts- und Nachbarvereine ist besonders erwähnenswert die Teilnahme von 15 Mitgliedern am Bundessängerfest in Hannover vom 16. – 18. Juni 1928. Es bot für alle Beteiligten unvergessliche Erlebnisse, darunter besonders die Aufführung von Händels Oratorium „Missa Solemnis“, vorgetragen von 800 Sängern und zwei Orchestern in der Stadthalle.
Durch planvolle Übungsarbeit und entsprechende Erfolge sicherte sich der Arbeitergesangverein „Heiterkeit“ eine feste Position im Krofdorf – Gleiberger Sangesleben. Wie schon vorher berichtet, fehlte es nicht an Versuchen, „Heiterkeit“ und „Hermanus“ wieder zu vereinigen. Insbesondere entsprach das einem Wunsche der „Freien Turnerschaft Gleiberg“, befanden sich doch in ihren Reihen zahlreiche Mitglieder beider Vereine. Auch der Vorschlag innerhalb der „Freien Turnerschaft“ eine Gesangsabteilung zu bilden, fand keinen anklang. So wahrten beide Gesangvereine ihre Selbstständigkeit, unterstützten gleichermaßen die „Freie Turnerschaft“ und sangen nebeneinander bis zum Jahre 1933.
Hier teilte die „Heiterkeit“ das Schicksal aller Arbeitergesangvereine; sie wurde aufgelöst und verlor Banner und Vereinsvermögen. Es ist einigen Mitgliedern des Gesangverein „Hermanus“ zu verdanken, dass der Vereinsschrank und ein Teil der Noten sichergestellt wurden und somit heute im Besitz der Sängervereinigung sind. Ein Teil der Sänger schloss sich dem „Hermanus“ an und konnte dadurch bis zum Kriegsanfang aktive Sängertätigkeit ausüben.
8. Die „Sängervereinigung Gleiberg“
Das auf den 1. März 1947 datierte erste Protokoll – geschrieben von Eugen Schwalb – beginnt mit den Worten:
„In unserem Dorfe besteht nun wieder ein Gesangverein. Es sind fast 8 Jahre her, dass in Gleiberg jegliche gesangliche Tätigkeit geruht hat.“
In Gleiberg bestanden 2 Gesangvereine. Nachdem nun 1945 der Krieg zu Ende war, löste die Besatzungsmacht alle Vereine jeglicher Art auf. Ein Jahr später wurden Bestimmungen erlassen, nach den neue Vereine zugelassen waren. Die alten nach dem Führerprinzip aufgebauten Vereine verschwanden und neue, nach demokratischen Richtlinien, konnten aufgebaut werden. Diese Möglichkeit wurde dann wahrgenommen, die Bestrebungen der zwanziger Jahre in die Tat umgesetzt und die Sängervereinigung ausgerufen.
Die Versammlung wählte folgenden Vorstand:
1. Vorsitzender: Karl Laucht
2. Vorsitzender: Willi Reinhardt
1. Kassierer: Anton Leib
2. Kassierer Peter Albert
1. Schriftführer: Eugen Schwalb
2. Schriftführer: Gustav Valentin
Das Protokoll endet mit dem Schlusssatz:
„Möge nun dem jungen Verein eine glückliche Zukunft und ein ersprießliches Gedeihen beschieden sein. Bruderkämpfe sollen ihm unbekannt bleiben und durch Einigkeit soll er stark gemacht werden. Seine Gesangsstunden und Veranstaltungen mögen beliebt sein und genussreiche Stunden bieten.“
Am 22. März 1947 wurde im Lokal Feußer eine weitere Mitgliederversammlung abgehalten. Von den 40 erschienen Personen trugen sich noch am gleichen Tage 26 in die Liste für aktive Sänger ein. Der Beitrag und das Eintrittsgeld wurden auf 1 Mark festgesetzt. Als Unterkassierer wählte man Alfred Bremer. Von der Versammlung wurde einstimmig beschlossen, die Gesangstunden im monatlichen Wechsel bei Feußer und Göbler abzuhalten. Die Statuten vom Kulturbund wurden verlesen und einstimmig angenommen. Außerdem einigte man sich, einen gemischten Chor zu gründen. Die weiblichen Mitglieder sollen den halben Monatsbeitrag zahlen.
Dann wurde der Vorstand beauftragt, den Liederbestand der beiden ehemaligen Vereine zusammenzutragen, und das noch vorhandene Vermögen der Freien Turnerschaft mitzuverwalten.
Nachdem nun die Dirigentenfrage geklärt und der alte und neue Dirigent, Herr Ernst Drescher, wieder bereit war, den Stab zu führen, fand Anfang April 1947 die erste Singstunde im Saale der Gastwirtschaft Göbler statt. Zunächst wurde nur im Männerchor gesungen.
Bereits am 6. Juli 1947 bestand die erste Gelegenheit, vor die Öffentlichkeit zu treten. Die fünf Vereine unseres Chorleiters „Rodheim, Bieber, Launsbach, Atzbach, Gleiberg“ hatten sich zu einem Sängertreffen im Garten der Gastwirtschaft Göbler zusammengefunden.
Mit 32 Sängern wurden die beiden Chöre
„Sonntag ist´s“ und „Des Müllers Töchterlein“
zu Gehör gebracht. Es war ein voller Erfolg und man fasste den Beschluss, diese Veranstaltung jährlich im Wechsel abzuhalten.
Inzwischen hatte sich auch der gemischte Chor etabliert, so dass eine rege Sängertätigkeit entstand. Bereits am 12. September 1947 konnte anlässlich einer Veranstaltung des TSV Krofdorf – Gleiberg der erste öffentliche Auftritt erfolgen. Gesungen wurden die beiden Lieder:
„Es liegt ein Weiler fern im Grund“ und „Hebt die Herzen empor“.
Am 25.Dezember 1947 fand auch die erste Weihnachts – Veranstaltung statt, die seit dieser Zeit als fester Bestandteil unserer Veranstaltungen jedes Jahr abgehalten wird.
So schloss das Gründungsjahr recht erfolgreich ab und es war erstaunlich, dass trotz Fehlens jeglicher alkoholischer Getränke die Veranstaltungen in so harmonischer und geselliger Weise verliefen.
In der Jahreshauptversammlung am 4.1.1948 wurden folgende Alterssänger zu Ehrenmitglieder ernannt:
Wilhelm Göbler Ludwig Müller
Karl Hofmann August Valentin
August Hofmann Eduard Laucht
Karl Leib Wilhelm Laucht
Karl Leib 13 Johannes Lust
Philipp Leib Ludwig Schwalb
Karl Leib (Weißbinder) Johann Janz
Karl Lust
Auch wurde beschlossen, eine Theatergruppe zu gründen, die jährlich einmal auftreten soll. Sangesbruder Albert Lautz übernahm die Leitung und Organisation.
Nach der Währungsreform 1948 ging es mit dem Vereinsleben stark aufwärts, nicht zuletzt auch durch die Verfügbarkeit von alkoholischen Getränken, die man lange hatte entbehren müssen und die jetzt wieder für die nötige Stimmung bei Feiern sorgten. So wurden jährlich folgende feste Veranstaltungen durchgeführt:
• Kappenabend in der Fastnachtszeit
• Theaterabend zwischen Fastnacht und Ostern
• Sängertreffen in den Monaten Juni – August
• und Weihnachtsfeier am 25. Dezember.
So verliefen die Vereinsjahre 1948 – 1954 recht abwechslungsreich, zumal bereits im Jahre 1950 die ersten Sänger- und Stiftungsfeste veranstaltet wurden. Als nennenswerte Feste seien erwähnt:
29. und 30. Juli 1950 4o Jahre Radsportverein Teutonia Krofdorf – Gleiberg
4. – 7. Juli 1952 das 110-jährige Bestehen unseres Brudervereins Gesangverein 1842 Krofdorf.
Zu den festen Veranstaltungen reihten sich nun auch jährlich ein Wertungssingen und eine Ausflugsfahrt mit dem Bus.
Am 6. Januar 1952 legte der langjährige Vorsitzende Karl Laucht sein Amt nieder und übergab das Erbe an einen jüngeren Nachfolger. Herr Willi Schlierbach wurde einstimmig zum 1. Vorsitzenden gewählt und hat dieses Amt noch heute inne. Für die über 25-jährige aufopfernde Tätigkeit sei ihm hier an dieser Stelle gedankt. Als äußeres Zeichen des Dankes wurde ihm inzwischen die goldene Vereinsnadel überreicht.
Das Jahr 1954 brachte ein großes Ereignis. Am 10., 11. +12. Juli wurde das 75-jährige Jubelfest begangen. War doch endlich der Tag gekommen, an dem das zur Vollendung reifen sollte, was die Mitglieder des Vereins über 1 Jahr hindurch gedacht, geplant und erarbeitet hatten. Herr Schnepp, Bauunternehmer, Krofdorf, hatte in großzügiger Weise bei der Gestaltung des Festplatzes seine Arbeitsgeräte zur Verfügung gestellt und die Mitglieder unseres Vereins hatten in vielen aufopfernden Stunden einen wunderbaren Festplatz hergerichtet. Herr Lehrer Prass hatte in mühevoller Arbeit eine Festschrift erstellt und somit der Nachwelt die Ereignisse festgehalten. Das Fest stand unter dem Motto:
„75-jährige Sängertätigkeit in Gleiberg“
Trotz des nicht ganz günstigen Wetters konnte das Programm am Samstagabend reibungslos abgewickelt werden. Neben einer Reihe auswärtiger Gesangvereine waren auch die Ortsvereine:
• der Gesangverein 1842 Krofdorf
• der TSV Krofdorf – Gleiberg
• der Radsportverein Teutonia Krofdorf – Gleiberg
• der Hundesportverein Krofdorf – Gleiberg
• und die Freiwillige Feuerwehr Krofdorf – Gleiberg
erschienen und trugen durch ihre Vorführungen zu einem bunten Programm bei. Der 1. Vorsitzende Willi Schlierbach hielt die Festrede. Herr Bürgermeister Mandler sprach als Schirmherr einige Begrüßungsworte und überreichte ein Geldgeschenk der Gemeinde. Die Grüße des Kreises überbrachte der Landrat, Herr Weber. Den Prolog sprach Frl. Irmgard Laucht. Die Ehrungen der aktiven Sängerinnen und Sänger nahm der Vorsitzende des Sängerbundes H. Bierau vor. Geehrt wurden:
Für 50-jährige aktive Sängertätigkeit
Herr Ernst Drescher Herr Philipp Leib
Herr Albert Damm Herr Wilhelm Schneider
Herr Ernst Henkel Herr Wilhelm Schwalb
Herr Karl Hofmann Herr August Valentin
Herr Karl Leib Herr Theodor Valentin
Für 40-jährige aktive Sängertätigkeit
Herr Albert Göbler Herr Gustav Henkel
Für 25-jährige aktive Sängertätigkeit
Frau Anna Koch Herr Karl Kraft
Frau Luise Kraft Herr Willi Kirch
Frau Minna Laucht Herr Adolf Koch
Frau Lina Lautz Herr Karl Laucht
Frau Emmi Lautz Herr Albert Lautz
Frau Ida Schmidt Herr Albert Müller
Herr Wilhelm Amend Herr Hermann Pfeiffer
Herr Theodor Burk Herr Willi Reinhard
Herr Alfred Bremer Herr Gustav Valentin
Herr Karl Drescher Herr Wilhelm Walter
Herr Bernhard Göbler Herr Ernst Hofmann
Herr Wilhelm Hofmann
Die Ehrungen der zahlreichen passiven Vereinsmitglieder wurden vom 1. Vorsitzenden, Herrn Willi Schlierbach, vorgenommen.
Der Festsonntag begann mit einem imposanten Festzug durch die festlich geschmückten Straßen Gleibergs. Nach dem Begrüßungschor, begleitet von der Kapelle Reeh, kamen die Gastvereine zum –Singen. Das große Festzelt war bis auf den letzten Platz gefüllt. Insgesamt kann der Haupttag als ein voller Erfolg bezeichnet werden.
Der Montag stand ganz im Zeichen eines sehr ausgedehnten Frühschoppens. Hier war nun endlich Gelegenheit gegeben, den bis dahin stark beschäftigten Mitgliedern des Vereins einige unbelastete, gesellige Stunden zu bieten, was auch voll ausgenutzt wurde. Am Nachmittag ging es dann bei Tanz, Gesang und Humor weiter bis weit nach Mitternacht, so dass man von einem gelungenen Volksfest sprechen kann.
Im September 1955 legte Herr Ernst Drescher nach insgesamt 27 Jahren den Dirigentenstab nieder und wurde zum Ehrenchorleiter ernannt. Von nun an übernahm sein Sohn Albin Drescher den ChorDie folgenden Jahre verliefen nun in ruhiger Harmonie. Außer den festen vereinsinternen Veranstaltungen, wie Kappenabend, Herbstball und Weihnachtsfeier wurden jährlich noch 1 – 2 Jubelfeste besucht. Hinzu kam jeweils das Sängertreffen der 3 Chöre (Rodheim, Fellingshausen und Gleiberg) unseres Dirigenten, welches im Wechsel von den einzelnen Vereinen veranstaltet wurde. Ab 1960 veranstaltete man jährlich eine Kinderweihnachtsfeier, die, durch Spenden der Vereinsmitglieder finanziert, es gestattet, den Kindern ein schönes Geschenk zu überreichen. Auch kommen jeweils kleine Theaterstücke zur Aufführung, die schon seit vielen Jahren von Lisa Obermeier einstudiert werden.
In der Jahreshauptversammlung am 5.1.1957 wurde beschlossen, den bis dahin vorhandenen Gemischten Chor aufzulösen. Der Grund war: fehlende Sängerinnen. Alle Versuche, die aus Altersgründen ausgeschiedenen Sängerinnen durch jüngere oder sogar Jugendliche zu ersetzen, scheiterten. So wurde dann im Männerchor weiter gesungen. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten kam es jedoch zu einer ständigen Aufwärtsentwicklung. Der Höhepunkt lag im Jahr 1967, wo 39 aktive Sänger tätig waren. Zu diesem Zeitpunkt war es uns gelungen, 10 Jugendliche für den Gesang zu begeistern.
Da diese jungen Sänger auch sportlich aktiv waren und Handball spielten, spendeten die aktiven Sänger aus Dankbarkeit einen Pokal mit der Inschrift „Sängervereinigung Gleiberg“, der anlässlich eines Handballturniers am 25.8.1967 ausgespielt und von der Handballjugend des TSV Krofdorf – Gleiberg gewonnen wurde. Es war eine gelungene Veranstaltung. Leider konnten wir trotz aller Anstrengungen die singenden Handballspieler auf Dauer nicht halten.
Der 25.10.1969 war ein weiterer Meilenstein in unserer Vereinsgeschichte. Galt es doch, den 90. Geburtstag zu feiern. Was in mühevoller Vorarbeit organisiert war, lief in der vollbesetzten Turnhalle zu Krofdorf über die Bühne.
Der 1. Vorsitzende, Herr Willi Schlierbach, konnte die zahlreichen Ehrengäste, darunter auch den 1. Vorsitzenden des Solmser Sängerbundes, Herrn Karl Jung, begrüßen. Letzterer nahm die Ehrungen vor.
Unter dem Motto „90 Jahre Chorgesang“ lief das Programm in zwei Teilen ab. Der erste Teil wurde mitgestaltet vom Schülerchor der Volksschule Krofdorf – Gleiberg unter der Leitung von Rektor Gombert und vom Gesangverein 1842 Krofdorf unter seinem Dirigenten Bernhard Emetz.
Der zweite Teil stand ganz im Zeichen europäischer Volkslieder, dargebracht von unserem Männerchor unter Leitung von Albin Drescher. Der Programmpunkt lautete:
„Eine Reise durch Europa mit Dia-Vorführung“.
Insgesamt wurden 9 Lieder dargebracht und jeweils ein passendes Dia dazu gezeigt. Der Sprecher, Herr Horst Michel, fügte noch die entsprechenden Worte hinzu, so dass am Ende dem Chor reicher Beifall gezollt wurde.
Trotz dieser gelungenen Geburtstagsfeier konnten keine neuen Sänger gewonnen werden. Vielmehr verloren wir durch Tod noch einige ältere Sänger, so dass die Sängerschar immer kleiner wurde und schließlich der Männerchor aufgelöst werden musste. Das vorläufig letzte Auftreten erfolgte am 28.10.1972 anlässlich des Sängertreffens der Chorgruppe Drescher auf Burg Gleiberg. In diesem Jahr fand auch keine Weihnachtsfeier statt. In der Jahreshauptversammlung wurde beschlossen, einen Gemischten Chor ins Leben zu rufen, was auch in die Tat umgesetzt wurde.
Durch heftiges Rühren der Werbetrommel gelang es auf Anhieb, 21 Frauen und Mädchen für den Gesang zu gewinnen. Nach über 17 Jahren gab es nun wieder einen Gemischten Chor, der am 15. März 1973 die erste Chorprobe abhielt. Leider sind nur 14 Männer dem Gesang treu geblieben.
Der Chorgesang erlebte nun durch die Frauen einen nicht erwarteten schnellen Auftrieb und bereits am 16. Dezember 1973 war der erste öffentliche Auftritt bei der Kinderweihnachtsfeier im Hotel „Zur Linde“. Die wenige Tage später stattfindende Weihnachtsfeier war ein voller Erfolg und die Räumlichkeiten auf Burg Gleiberg waren bis zum letzten Platz besetzt.
Die schon beim Männerchor in der Gaststube „Zum schwarzen Walfisch“ während der Singstunden durch andere Gäste hervorgerufene Unruhe wurde immer größer und konnte trotz Aussprache mit dem Vereinswirt nicht abgestellt werden. Der Dirigent, Herr Albin Drescher, brach daraufhin am 21. Februar 1974 die Singstunde ab und brachte zum Ausdruck, dass er nicht eher den Dirigentenstab wieder aufnehmen werde, bis geordnete Verhältnisse geschaffen seien. Auf Grund dieser Vorkommnisse beschlossen Vorstand, Sängerinnen und Sänger, einen Vereinslokalwechsel vorzunehmen. Nachdem alle Angelegenheiten mit dem neuen Vereinswirt, Herrn Ingbert Wagner, geklärt waren, konnte der Singstundenbetrieb ohne größere Unterbrechungen im Hotel „Zur Linde“ wieder aufgenommen werden.
Noch im gleichen Jahr stand ein großes Ereignis vor der Tür. Galt es doch die 1200-Jahrfeier unserer Gemeinde Krofdorf – Gleiberg mitzugestalten. In wochenlanger mühevoller Arbeit wurde ein Wagen für den Festzug gebaut unter dem Motto:
„Am Brunnen vor dem Tore“
Samstag, der 24. August 1974, stand ganz im Zeichen eines Heimatabends und wurde mit 2 Liedvorträgen unseres Gemischten Chores musikalisch umrahmt.
Am Sonntag, dem 25. August 1974, bewegte sich ein großer Festzug durch unsere Gemeinde. Der Wagen der Sängervereinigung Gleiberg fand großen Beifall, zumal er durch zahlreiche Kinder in alten Kostümen lebendig gestaltet wurde. Eine mit uralten Löscheimern ausgerüstete Fußgruppe begleitete den Wagen.
Im November 1975 legte nach über 20-jähriger Tätigkeit unser Chorleiter, Herr Albin Drescher, den Dirigentenstab nieder. Herr Otto Schlierbach leitete nun vorübergehend bis März 1976 unseren Chor, bis unser jetziger Chorleiter, Herr Jürgen Kunz, ab April 1976 den Dirigentenstab übernahm.
Wie in der Jahreshauptversammlung am 3.1.1976 beschlossen worden war, veranstaltete man über Pfingsten erstmals eine 4-Tagesfahrt. So ging es mit dem Bus vom 4.-7. Juni 1976 nach Ehrwald/Tirol. Auch dieses Unterfangen sollte dazu beitragen, neue Impulse zu vermitteln und das Vereinsleben zu beleben.
Die von der Gemeinde Krofdorf – Gleiberg schon seit Jahren veranstaltete Ortsveranstaltung „Musik – Tanz – Sport“ stand in diesem Jahr ganz im Zeichen der Partnerschaft mit Sorgues / Südfrankreich. Unsere französischen Gäste vom Chor AMISTA Sorgues waren vom 29. Oktober bis 1. November 1976 in unserer Gemeinde. Als Höhepunkt der verschiedenen Veranstaltungen ist die Gemeinschaftsveranstaltung am Sonntag, dem 31. Oktober 1976, in der Sporthalle zu nennen. Es war eine gelungene Veranstaltung, konnten doch unsere französischen Gäste einen Einblick in unser Vereins- und Kulturleben gewinnen.
Als ein besonderer Tag in unserer Vereinsgeschichte ist der 18. März 1977 zu nennen. An diesem Tag wurde das Bürgerhaus im Ortsteil Gleiberg seiner Bestimmung übergeben. Nun war das eingetreten, was sich die aktiven Sängerinnen und Sänger schon lange gewünscht hatten: Einen geeigneten Raum, nämlich um ungestört die Singstunden abhalten zu können. Die Feierstunde wurde durch ein paar vorgetragene Chöre musikalisch umrahmt.
Vom 19.- 23. Mai wurde zum zweiten Mal eine Mehrtagesfahrt unternommen. Diesmal ging es 5 Tage ins Berchtesgadner Land.
Schnell vergeht die Zeit und schon bahnt sich ein neues Ereignis an: 1979 das Jahr des 100-jährigen Bestehens der Sängervereinigung Gleiberg rückt in greifbare Nähe. Alles deutet darauf hin, dass etwas Außergewöhnliches bevorsteht. Als Auftakt zur 100. Geburtstagsfeier ist das volkstümliche Chorkonzert zu betrachten, welches am 28. Oktober 1978 in der Kulturhalle Krofdorf – Gleiberg veranstaltet wurde.
Vor sachkundigem Publikum ging ein anspruchsvolles Chorkonzert über die Bühne. Mitgetragen wurde das Programm von dem Männer- und Frauenchor Garbenheim unter Leitung unseres gemeinsamen Chorleiters Jürgen Kunz sowie den Harmonika – Junioren aus Krofdorf – Gleiberg unter der Stabführung von Karl Lenkl. Durch das Programm führte unser Sangesfreund Horst Michel.
Am 24.März findet auf Burg Gleiberg ein Festakt statt. In dieser Feierstunde sollen alle Ehrungen anlässlich des Jubiläumsjahres sowie ein eingehender Rückblick auf die Vereinsgeschichte erfolgen. Umrahmt wird diese Feier durch Chor- und Instrumentalmusik.
Für Sonntag, den 25. März 1979, ist in der Gleiberger Kirche ein Festgottesdienst mit Totenehrung vorgesehen.
Den Abschluss bildet ein Festkommers am Samstag, dem 8. September 1979 und ein Freundschaftssingen am Sonntag, dem 9. September 1979, in der Kulturhalle Krofdorf – Gleiberg.
Wir meinen, dass ein in dieser Form verlaufendes Jubiläum einen angemessenen und würdigen Rahmen abzugeben vermag, um der 100-jährigen Geschichte des Gleiberger Sängerlebens zu gedenken.
Die vorstehenden, chronologisch und thematisch geordneten Aufzeichnungen über das Wirken des Gesangvereins „Hermanus“, des „Männergesangvereins“, des Arbeitergesangvereins „Heiterkeit“ Gleiberg und der „Sängervereinigung Gleiberg“ sollen dazu dienen, der heutigen Generation die Wurzeln und Entwicklungstendenzen des Gleiberger Sängerlebens bewusst zu machen. Daraus soll die Verpflichtung erwachsen, das Ererbte zu bewahren, es fortzuentwickeln und an kommende Generationen weiterzugeben.
Die vorliegende Vereinsgeschichte ist für die Zeit bis 1945 in großen Teilen identisch mit dem von unserem Ehrenmitglied, Lehrer Ernst Prass, verfassten Text, welcher in der 1954 herausgegebenen Festschrift anlässlich des 75-jährigen Vereinsjubiläums veröffentlicht wurde. Sie wurde in Einzelheiten durch alte Protokollbücher sowie durch mündliche Berichte von Vereinsmitgliedern ergänzt.
Dem aufmerksamen Leser werden dabei die Höhen und tiefen, Freud und Leid des Vereinslebens bewusst werden. Er wird aber auch erkennen, dass es immer wieder Sängerinnen und Sänger gab, die in selbstloser Weise der Sache des Vereins gedient haben, so dass wir heute unser 100-jähriges Bestehen in festlicher Weise begehen können.
Willi Bender